Altern (21)

Das Alt-Werden ist heute eine eigenständige Lebens- und Entwicklungsphase, es gilt diese als sinnvolle Möglichkeit zu begreifen und anzunehmen. Menschen, die 60 Jahre sind, haben die Chance noch 30 Jahren und mehr, mit steigender Tendenz, zu leben. Das Altern wird zur längsten Lebensphase des Menschen. Diese vielen Jahre gilt es sinnvoll zu füllen, auch wenn körperliche oder psychische Beeinträchtigungen die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben erschweren kann.

Wir wissen, wie in jungen Jahren die psychische Entwicklung verläuft, aber das Alter ist bisher noch nicht deutlich genug als eigenständige Entwicklungsphase verstanden worden. Für einige wird Altern und Entwicklung nicht „zusammen gebracht“. Es erscheint ein Widerspruch zu sein. Natürlicher Weise beginnt das Altern eines Menschen mit oder sogar vor der Geburt, mit dem Beginn ist das Ende angelegt.

Die Entwicklungsziele im Alter sind individuell bestimmt und dienen der Persönlichkeitsreifung und -entfaltung. Die Frage, was wollte ich immer schon einmal tun, kann neue Horizonte im eigenen Denken eröffnen. Vielleicht gibt es etwas, was im bisherigen Alltag nicht gelebt werden konnte, und was jetzt verwirklich werden kann.   Bert Brecht beschreibt in der Geschichte von der unwürdigen Greisin, wie eine Frau nach dem Tod ihres Mannes ein gänzlich anderes Leben führt. Völlig unverständlich für ihre Kinder, dass sie Geld für sich ausgibt, sich mit zwielichtigen Menschen einlässt, schlicht das Leben ohne Schranken genießt.  Ein neues und anderes Leben hat sie in den wenig ihr noch verbleibenden Jahren gelebt.

Viele Künstler können genannt werden, die gerade im Alter ihren Schaffenshöhepunkt hatten oder erst im Alter damit angefangen haben.  Der Begründer der modernen Kunst, der Maler Wassily Kandinsky  erlebt den Durchbruch, die Erschaffung des abstrakten Bildes erst am Ende seines Lebens.


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